Balkan 1991

Motorradtour durch die Kälte

 

  Die Grenzen waren offen, richtig offen. Denn noch drei Jahre zuvor mussten wir Fahrten "in den Kommunistischen Machtblock" anmelden und sogar zurückmelden, wenn wir dort verdächtig angesprochen wurden. Gorbi sei dank, war das vorbei. Damals hieß das Land noch Jugoslawien.
Sogar richtige Landkarten konnte man nun kaufen. Es gab Zeiten, da waren auf den osteuropäischen Atlanten die westlichen Länder weiß eingezeichnet oder der Atlas zeigte dort keine Straßen. Wollte ja angeblich keiner hin.
 
  Mittelmeer! dachten wir und fuhren mit Lederjacke im Frühling zuhause los. Denkste! Schnee überall und das einzige Fahrzeug, dass uns auf den kleinen Straßen in dem noch nicht gegründeten Slowenien entgegen kam war der Schneepflug. Mit damals 24 nahmen wir das sporttlich und fuhren eben ständig mit Regenkombi, wobei Fahren übertrieben wäre, teilweise war es eher Gleiten. Die Hände wurden regelmäßig am Zylinder aufgewärmt und weiter ging`s.
Dass der Frühling am Balkan etwas länger braucht blieb uns eine bittere Erkenntnis.
 
  Dafür erfüllten die vielen kleinen Sträßchen durch die Karstgebirge unsere Erwartungen. Autoverkehr gab es praktisch noch keinen. Einziges Pkw-Model mit mehr als 1000ccm waren alte Mercedeslimousinen, aus Russland kam der Moskwitch, schon was Gehobeneres. Ansonsten nur Zastavas mit genausoviel Hubraum wie unsere Maschinen.

Schneller als 60 fuhr eh niemand und so waren  Fahrten damals noch sehr entspannt.
 
 
       
       
       
   
  Das Ganze wurde dann eine echte Schinderei, fast wir Elefantentreffen in Endlosschleife.
Ich hatte so von der Grenzregion zu Albanien geschwärmt, wo ich zwei Jahr zuvor mal war. Wir erlebten damals ärmlichste Siedlungen mit Hütten, halb in der Erde eingebraben und Decken statt Fenstern. Man lud uns damals zum Kaffee ein, weil die Hausherrin auf stockfinsterer Straße mitfgenommen hatten. Jeder erhielt genau eine gemahlene Bohne in seine klitzekleine Tasse. Im Garten stand ein Opel Ascona ohne Batterie, die diente im einzigen Raum des Hauses als Antrieb für das Autoradio von Grundig, das uns stolz vorgeführt wurde. Zum Kaffee gab`s für jeden Gast .....eine Walnuss.
Dort wollten wir wieder hin.
Doch da erst Mal hinzukommen, war die Kunst.
 
  Es herrschte noch tiefster Winter im Gebirge und wir freuten uns auf Sonnenstrahlen entlang der Küste. Auch gut, dann bleibt das eben so ein Ziel, dass man sich aufhebt.
Reisen befriedigt ja die Sehnsucht nach Neuem und so kam diesmal nicht viel dazu aber es blieb viel übrig....

Ein Jahr später versank Jugoslawien  für einige Jahre im Krieg und nun war die Ecke eher kein Reiseziel mehr für uns.
Jetzt haben die Kriegsparteien ihre eigenen Länder und treten nun nach und nach wieder in die gemeinsame EU ein. Eine echte Negativleistung....
Erst 10 Jahre später hat es mal wieder geklappt bis nach Montenegro zu biken.