Nepal  1994

 MTB-Tour quer durch`s Land
   
       
 

Allgemeines:

Nepal ist kein klassisches Radreiseland, da es wenig Möglichkeiten gibt eine Rundtour zu fahren. Wir wollten damals eigentlich von Lhasa /China nach Kathmandu fahren, aber mit dem Flugzeug hatten wir keine Möglichkeit auf direktem Weg mit dem Rad in Lhasa zu landen. Deshalb entschlossen wir uns für die etwas zermürbende Nepal-Sackgassentour bei der wir jeweils an allen Landesgrenzen auf Sackgassen zufuhren um dann nach anstrengenden 3-4 Tagen bergauf in einem Tag wieder herunter zu rollen. Solange man sich zwischen den wichtigsten Städten bewegt hat man aber einen schönen Mix aus Landschaft und Kultur. An den ständigen neugierigen Kindern, die manchmal auch Steine werfen, darf man sich nicht stören. Das ganze ist nicht feindseelig sondern eher Zeitvertreib und wirklich treffen wollen sie gar nicht. 

Wir hörten viele Berichte von Reisenden, die in China mit ihren Rädern erwischt wurden und zurück an die Grenze verfrachtet wurden. Fahrradfahren in China war damals verboten, obwohl jeder Chinese Rad fährt. Aber die Gefahr für diese Diktatur bestand und besteht bis heute darin, dass man ohne Aufsicht unterwegs ist und möglicherweise die eigene Bevölkerung negativ beeinflusst. Man hätte sich damals für 10.000 DM einen Tourismus-Offizier nehmen müssen, der einen während der ganzen Tour begleitet. So haben wir bis heute darauf verzichtet China einen Besuch zu erstatten.

 
 

Strecken:

Auf Nebenstrecken kann es nach Regenfällen ziemlich schlammig werden. Außerdem sollte man nach Pfützendurchfahrten regelmäßig seine Beine absuchen, da es springende Blutegel gibt die sich beim Durchfahren der Pfütze aus ihrem zusammengekringelten Zustand hochkatapultieren und  dann den Weg in Richtung Leiste suchen. 


 In den Bachläufen sitzen immer wieder Kinder die mit einem Hammer Kieselsteine zu Schotter verarbeiten und den in Körben zur Verteilerstelle tragen wo der Schotter dann auf Lkws geladen wird (10 Rupien gibt es für solch eine Korb). Dann wird der Schotter im Straßenbau tonnenweise verteilt, man sollte daran denken wenn man anschließend auf "Handarbeitsstraßen" fährt und irgendwelche Ansprüche an den (gewohnten europäischen ) Komfort stellt. 

Wir sind mehrrere Strecken gefahren, u.a.  Kathmandu - Pokhara -  Jomson - Khodari - Dhunche - und jeweils alles wieder zurück.

Wenn, wie rechts im Bild, Mal ein Bus mit dem Heck in den Abhang rutscht, muss man in den Straßengraben ausweichen. Straßengräben sind jedoch traditionell die öffentlichen Toiletten, da es keine privaten im Haus gibt. Man muss also höllisch aufpassen, wohin man tritt.  Frühmorgens rennt das ganze Dorf zu den Straßengräben und erleichtert sich. Man sieht dann die Hinterlassenschaften.

 
 

Verpflegung:

Es gibt eigentlich nur ein Gericht (zumindest war es das für uns 4 Wochen lang): "Dal Bath" (phon.). Das ist blanker Reis mit einem Löffel scharfer Linsen. Macht satt, mehr nicht. An Getränken ist häufiger Coca Cola als sauberes Wasser erhältlich. Außerdem bekommt man überall Tee. Nur in den touristischen Städten gibt es ziemlich frei interpretierte, andere Gerichte. Z.B. die Pizza Napoli die ausschließlich mit Ingwer belegt ist oder die Spaghetti Carbonara die mit Hähnchenschlegel  und Ei serviert wird.  Am günstigsten ist es jedoch bei D.B. zu bleiben (ca. 20-50 Cent). Auch das Risiko von Durchfall ist dabei am geringsten (wenn man die kalten Linsen weglässt).

  Das Wasser aus Flüssen oder Bächen muss entkeimt werden, da es nicht nur keine Kanalisation gibt und Fußwege als nächtliche Dorftoilette benutzt werden sondern auch Garda Lambia im Wasser vorkommt. Erst Wochen später , nach starkem Gewichtsverlust und ständig schleichendem Durchfall merkt man, dass man sich diesen Einzeller eingefangen hat. 

Wir sind zudem standartmäßig gegen Thyphus, Tollwut, Hep.A geimpft. Malariaprophylaxe nehmen wir immer "stand by" mit. Hier kann man sparen, hat dann aber ziemlich lange seine Reiseandenken. Einer unserer Bremer Mitfahrer hatte nach der Tour einen Leberbandwurm. Kein Spaß.

 
 


Unterkunft:

Zelten ist möglich und erlaubt, wenn man einen Platz findet. Wir zelteten auf abgeernteten Wiesen oder Sandbänken. Dabei hat man schnell Besuch und ist in einem 2 Mann-Zelt schnell zu fünft. Das mitgeschleppte Essen muss natürlich zum Probieren geteilt werden ;-) Eine gute Möglichkeit zum Zelten sind die vielen halbfertigen Generations-Häuser bei denen das Dach noch fehlt. Einfach fragen und man kann oben drauf sein Zelt aufschlagen, vorausgesetzt es steht auch ohne Heringe. In den Ortschaften gibt es genügend Guesthouses oder Lodges mit 0 bis 1 Stern  und es kann schon mal vorkommen, dass man die Betten (Holz ohne Matratze) der Eigentümer zur Verfügung gestellt bekommt, die dann im Keller auf den Kartoffeln übernachten. Eine Tarantel unter dem Bett sollte dabei niemanden stören. Wenn doch......daheim bleiben :-) 

 

Wir erlebten eines Nachts, dass eines der Dächer gar keinen Abfluss hatte und so schwammen mitten in der Nacht unsere Zelte und Matratzen ein paar Zentimeter über dem Boden. Nasse Füße beim Verlassen inklusive.

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Nahe der chinesichen Grenze luden uns die Soldaten, bzw. die Aufpasser einer leeren Kaserne, zum Verweilen und Übernachten ein. Wir durften im Büro des Majors am Boden schlafen. Die Räume waren voller geernteter Äpfel und alles roch danach, ein super Proviant und Frühstück in 3000m  Höhe


Zuweilen erscheint uns Europäern die gewahrte Distanz etwas zu niedrig. Der geladene Gast ist willkommen. Der ungeladene eher nicht. Überall gleich. Selbst ist man ja als Tourist hauptsächlich deshalb beliebt, weil man Geld in`s Land bringt (alles andere währe Illusion in 3.Welt-Ländern, in denen jeder um`s nackte Überleben kämpft).

Aber als wir eines Nachmittags auf einer Passhöhe in knapp 3000 m  völlig erschöpft mit  Wasser aus einer Pfütze eine Suppe kochten war auch für uns der Bogen des ständigen “Meet and Greet” überspannt. Ein Ziegenhirte setzte sich zu uns und verlangte, dass wir ihm von der Suppe geben sollten, da auch er Hunger hätte. Vielleicht hätten wir ihn eingeladen, wenn sich ein nettes Gespräch ergeben hätte. So haben wir ihn abblitzen lassen.

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Die Nepalis sind bitter arm und tief gläubig. In Kathmandu versucht jeder auf irgendeine Weise zu Geld zu kommen. Ein Taxifahrer bot uns eine Tour nach Pokhara an. In Pokhara angekommen blieb er stehen und wollte auf uns warten. Wir meinten dies könne den ganzen Tag dauern. Er wollte warten. Als wir abends wiederkamen stand er tatsächlich noch am selben Platz. Erst in Kathmandu zurückgekommen kassierte er den vereinbarten Geldbetrag (damals 10 Mark). Als wir in fragten woher sein Vertrauen kam und warum er keine Angst gehabt hätte meinte er: "wir würden uns im nächsten Leben wieder sehen und solange hätten wir Schulden bei ihm" . "Mit Schulden sollte man nicht ins nächste Leben übertreten".   

Ein großes Problem sind die vielen Gelder von Leuten die Kindern mit Spenden eine Schule oder Ausbildung zu finanzieren. Dies führt dazu dass die Familien ihre Kinder in die Großstadt nach Kadmandu schicken, damit sie dort ein besseres Leben haben. Am Land fehlen, früher oder später, die Kräfte welche die Ernte einholen oder den Hof übernehmen. In der Stadt landen unzählige Kinder mit guter Schulbildung aber keiner Perspektive, da es in Nepal keine Arbeitsplätze für sie gibt......Die Entscheidung ob und wie man helfen will muss jeder selbst treffen.

IIn unserem Eifer damals hatten wir uns bereit erklärt eine Patenschaft für ein kleines Mädchen aus Dhunche (Langtang) zu übernehmen. Wir vereinbarten monatlich 50 DM zu zahlen. Später bekamen wir durch andere Reisende aus unserer Gegend eine Karte vom Vater des “Patenkindes” überbracht, der sich beschwerte, dass monatlich nur 30 DM ankamen. 20 DM behielt die Bank in Kadmandu für die Auslandsgebühr. Andere Traveller aus Belgien übermittelten uns schließlich, dass die Familie mehr Geld braucht. Als man uns dann seitens der Nepalhilfe abriet, von solchen ungezielten Hilfen, stellten wir die Hilfe schweren Herzens ein.

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Das Schlimme an diesem Bild ist, dass die alte Frau gerade den "Randstein" neu anlegtt! Sie will verhindern, dass das Wasser weiter auf den Weg läuft.

Da kommt man sich ziemlich dekadent vor, wenn man - zur eigenen Selbstverwirkligungh -hier entlang radelt.

Mich erinnert das an meine 300m Waldweg die ich zuhause habe und den ich mit viel Mühe pflegen muss. Auf dem die Wanderer hochlaufen, vor meinem Haus stehen bleiben und dann darüber philosophieren, wie man denn so mitten im Wald wohnen kann.

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